Transkript
EDITORIAL q ÉDITORIAL
V oraussichtlich in der Frühjahressession wird in den eidgenössischen Räten die Abschaffung des Vertragszwanges für Ärztinnen und Ärzte, die in der «freien» Praxis tätig sind, diskutiert. In Ausblendung der tatsächlichen Verhältnisse behaupten Politiker – und allen voran die Kassenlobbyisten – damit die Krankenkassenprämien zu senken, die Qualität zu heben und mehr Wettbewerb im Gesundheitswesen einzuführen. Tatsache ist jedoch, dass nicht die frei praktizierenden Ärztinnen und Ärzte die Kassenprämien steigen lassen (vgl. Kostenneutralität im Tarmed!). Die Kassenprämien steigen, weil die Medikamentenpreise steigen. Die Kassenprämien steigen, weil die Pflegekosten steigen. Die Kassenprämien steigen, weil die Spitalkosten steigen. Die Kassenprämien steigen für den Einzelnen,
Eingriffen schützen. Uns haben die Patientinnen und Patienten ihre Gesundheit anvertraut. Wir weigern uns, zum Vormund unserer Patientinnen zu werden, ihr Vertrauen zu missbrauchen und sie um ihre berechtigten Ansprüche gegenüber der obligatorischen Grundversicherung zu bringen.
Kontrahierungszwang: Freier Wettbewerb statt Kassendiktatur
weil die Kantone zunehmend die Subventionen für die Kopfprämien gestrichen haben. Verantwortlich dafür sind wiederum Politikerinnen und Politiker. Leiden werden darunter Patientinnen und Patienten sowie Ärztinnen und Ärzte. Können wir das Ruder noch herumreissen? Fast scheint es hoffnungslos. Die Pharmalobby ist offensichtlich stärker als die Ärztelobby. Die Pflegelobby ist professioneller organisiert. Viele Kantone machen alles, um die eigenen defizitären Haushalte auf Kosten der Steuerund Prämienzahler etwas zu stopfen. Sollen wir praktizierenden Ärztinnen uns frustriert abwenden, den Kopf in den Sand stecken und auf das Fallbeil warten? Wir von der FMP meinen NEIN. Wir Ärztinnen und Ärzte in der ambulanten Praxis gehören zum Rückgrat der medizinischen Versorgung in der Schweiz. Wir haben in unsere Praxen selbst investiert, uns weiter- und fortgebildet, uns seit jeher mit Kolleginnen und Kollegen vernetzt, die teure Tarmed-Tarifstruktur finanziert, die Zusammenarbeit mit Spitälern gepflegt. Unsere Leistungen und unsere Beziehung zu unseren Patientinnen wollen wir vor noch mehr staatlichen
Aber wir von der FMP meinen auch, dass es am heutigen System berechtigte Kritiken gibt. Das System ist teilweise mangelhaft, und diese Mängel müssen ausgemerzt werden. Hier teilen wir die Ansicht der Politikerinnen und Politiker. Dies kann man mit geschickten Deregulierungen bewerkstelligen, um den Wettbewerb zu stärken. Die FMP hat in Ergänzung zur FMH einige Vorschläge erarbeitet und konkret ausformuliert (FMP-Journal, Seite 1144f. in diesem Heft). Mit diesen Vorschlägen mutiert die allfällige Abschaffung des Vertragszwangs zum echten Wettbewerb. An die Politikerinnen und Politiker: Wir Ärztinnen und Ärzte in der Praxis sind bereit, uns einem – echten! – Wettbewerb zu stellen. Wir werden uns aber mit allen Mitteln – bis hin zum Referendum unter der Führung der FMH – gegen die vorliegende Mogelpackung wehren, welche die ganze Macht alleine in die Hände der Kassenmanager und Politiker legen will.
Dr. med. I. L. Wyler-Brem Präsidentin FMP
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