Transkript
REFERAT q EXPOSÉ
Erfolgreiche Behandlung der Zoster-Fazialisparese mit Aciclovir
OTOLARYNGOLOGY – HEAD AND NECK SURGERY
Bei Fazialislähmung im
Rahmen eines Herpes zoster
oticus ist die Therapie mit
Aciclovir plus Kortikoiden
erfolgreich.
J. Ramsay Hunt beschrieb 1907 ein Syndrom von Fazialisparese, Innenohrstörung, periaurikulären Schmerzen und herpetiformen Effloreszenzen. Im englischen Sprachraum wird diese bei uns als Herpes zoster oticus geläufige Erkrankung als RamsayHunt-Syndrom bezeichnet. Ursächlich liegt dieser Kombination ein Befall der lokalen Ganglien der affizierten Nerven mit dem Zostervirus zugrunde; auch über eine Infiltration entlang der Nerven selbst wird berichtet. Das Zostervirus ist als reaktiviertes Varizellenvirus anzusehen, das bei abgesunkener Immunitätslage wieder pathogen wird. Die Beteiligung der einzelnen Nerven ist unterschiedlich. Während zuvor hauptsächlich Vitamin B als Therapeutikum eingesetzt wurde, kann man seit Einführung des Virostatikums Aciclovir (ca. 1986; Zovirax® u. Generika) wesentlich bessere Ergebnisse erzielen. So hatte vorher die zosterbedingte Fazialisparese auch bei Kortisontherapie eine schlechtere Prognose als die idiopathische Bell'sche Parese. Zwischen 1987 und 1997 behandelten die Autoren 31 Patienten, die an Fazialisparese im Rahmen einer Zosterinfektion erkrankt waren. Es handelte sich um 12 männliche und 19 weibliche Personen im
Alter zwischen 6 und 77 Jahren; 14 von ihnen hatten zusätzlich vestibuläre Symptome und Höreinbussen. Fälle mit kochleovestibulärer Symptomatik haben etwas schlechtere Heilungsaussichten als solche ohne. Und bei kompletter Fazialislähmung kann man nur in 10 Prozent mit völliger Restitution rechnen. Bei Behandlungsbeginn bestand die Erkrankung zwischen einem und sieben Tagen. Dies hatte des Weiteren keinen Einfluss auf das Ergebnis, aber ein früher Beginn ist sicher vorzuziehen. Vorgenommene Therapie: Aciclovir 5 mg/kg i.v. alle acht Stunden über eine Woche, Hydrocortison 100 mg dreimal täglich. Das Aciclovir muss mit reichlich Flüssigkeit und langsam verabfolgt werden. Untersuchungen von Blut, Nieren- und Leberfunktion sind vorzunehmen, ferner empfiehlt sich ein Thoraxröntgen. Die Fazialisfunktion wurde nach einer Woche, drei Monaten und einem Jahr überprüft. Von den 31 Fällen konnten 23 nach dieser Zeit nachuntersucht werden. 65 Prozent zeigten eine völlige, 17,6 Prozent eine fast völlige Wiederkehr der Gesichtsnervfunktion, 3 Fälle waren weniger befriedigend. Da auf oralem Weg nur 15 bis 25 Prozent des Aciclovir wirksam werden, muss hier eine Dosierung von 800 mg 5-mal täglich gewählt werden. Andere Autoren fanden keinen signifikanten Unterschied gegenüber einer intravenösen Applikation. Nebenerscheinungen der Behandlung traten nicht auf. Die orale Therapie sollte, schon um Krankenhausaufenthalte zu reduzieren, zunehmend in Erwägung gezogen werden.
Kommentar des Referenten Die otologischen und vestibulären Erscheinungen sowie die äusseren Efflores-
Merk-
punkte
q Bei Zosterinfektionen haben Virustatika plus Kortikoide eine hohe Wirksamkeit.
q Affektionen des N. statoacusticus und des N. trigeminus (Schmerzen) werden so hinreichend mitbehandelt.
zenzen und deren Normalisierung waren
nicht eigentliches Thema; sie stellen aber,
schon aus Sicht des Erkrankten, einen we-
sentlichen Teil der Problematik dar.
Es fehlen auch Angaben über allfällige
physikalische Massnahmen. Dennoch ist
es wichtig und dankenswert, auf die hohe
Wirksamkeit der Therapie der Zosterinfek-
tion mit Virustatika plus Kortikoiden hin-
gewiesen zu haben. Zweifellos werden
damit auch Affektionen des N. statoacus-
ticus und des N. trigeminus (Schmerzen)
hinreichend mitbehandelt.
q
Nechama Uri, Elhanan Greenberg, Ruth Kitzes-Cohen, Ilana Dowek (Department of Otolaryngology – Head and Neck Surgery, and Clinical Pharmacology and Infectious Diseases, Carmel Medical Center, Haifa, Israel): Acyclovir in the treatment of Ramsay-Hunt-Syndrome. Otolaryngology – Head and Neck Surgery 2003 (Oct.): 379–381.
Ernst Moritsch
Interessenkonflikte: keine deklariert
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