Transkript
Sildenafil gegen Lungenhochdruck?
Mount Everest-Studie mit viel versprechenden Ergebnissen
Sildenafil (Viagra®) kann möglicherweise bald eine neue Therapieoption bei Lungenhochdruck werden. Die Substanz senkt nämlich den pulmonalen Hochdruck, wie er bei alveolärer Hypoxie auftritt. Das hat jetzt eine auf dem Mount Everest durchgeführte Höhenstudie des UniversitätsLungenzentrums Giessen bestätigt. Die Ergebnisse der Studie, die kürzlich in den «Annals of Internal Medicine» veröffentlicht wurden (Ann Intern Med 2004, 141: 169–177), bestätigen Voruntersuchungen der Arbeitsgruppe: «Wir haben nachweisen können, dass der Wirkstoff Sildenafil direkt in der Lunge wirkt und die Sauerstoffaufnahme verbessert», meint Dr. Ardeschir Ghofrani. «Dabei beeinflusst der Wirkstoff den Blutdruck im Körperkreislauf nicht.» Bisher sind insbesondere die starken Blutdruckabfälle eine gefürchtete Komplikation der wenigen verfügbaren Therapien des lebensbedrohlichen Lungenhochdrucks. Im Frühjahr 2003 begleitete das Forscherteam eine deutsch-schweizerische Bergsteigergruppe auf einer Expedition zum Mount Everest. Sie wollten untersuchen, wie sich die Gabe von Sildenafil unter
chronischen Sauerstoffmangelbedingungen auf die Funktion von Lunge und Herz auswirkt. «Während sich die Umbauprozesse der Lungengefässe bei Kranken über Jahre oder Jahrzehnte entwickeln, geschieht das im Hochgebirge in wenigen Wochen wie im Zeitraffer», meint Professor Friedrich Grimminger, Leiter der Studie. Auf dem 5340 m hoch gelegenen Basislager richteten die Forscher eine komplette mobile Intensivstation ein (Abbildung). Die 14 teilnehmenden Bergsteiger erhielten zu definierten Zeitpunkten entweder Sildenafil oder ein Plazebo-Präparat. Anschliessend durchliefen sie einen Leistungstest auf dem Fahrradergometer. Mit Hilfe der Dopplererechografie wurde der Druck in den Lungenarterien gemessen, zudem bestimmten die Ärzte die kardiale Auswurfleistung und den Sauerstoffpartialdruck des Blutes. Bei den mit Sildenafil Behan-
delten verringerte sich der pulmonale
Druck, die Leistungsfähigkeit und der kar-
diale Output konnten gesteigert werden.
Ob Sildenafil in dieser Indikation zugelas-
sen wird, hängt allerdings von derzeit
laufenden Phase-III-Studien ab, an denen
Lungenpatienten aus weltweit 60 medizi-
nischen Zentren teilnehmen.
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U.B.
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Routineimpfung mit MeningokokkenKonjugatvakzine erfolgreich
Grossbritannien nahm Ende 1999 als erstes Land die Impfung mit einem konjugierten Meningokokken-Serogruppe-CImpfstoff in den pädiatrischen Routineimpfplan auf. Damals war nur bekannt, dass die Proteinkonjugation der bakteriellen Polysaccharide (z.B. in Meningitec® oder Menjugate®) die T-Zell-unabhängige in eine T-Zell-abhängige Immunantwort verwandelt, die zu erhöhten Antikörpertitern und einem polysaccharidspezifischen immunologischen Gedächtnis bei Säuglingen und Kindern führt. Der Impfstoff wurde also lediglich basierend auf Sicherheits- und Immunogenizitätsdaten zuge-
lassen, die Effektivität sollte sich in der Praxis erweisen. Nun liegen entsprechende Daten vor. Das Programm war sehr erfolgreich, innert eines Jahrs waren 90 Prozent der Säuglinge und 85 Prozent der Adoleszenten gegen Meningokokken Serogruppe C geimpft. Die Zahl der bestätigten Meningokokkenfälle ging sowohl im Kindes- wie im Erwachsenenalter signifikant zurück. Der Impfschutz hielt sowohl bei Kindern als auch bei Adoleszenten über mehrere Jahre an. Eine zuvor geäusserte Befürchtung erfüllte sich nicht, denn es kam nicht zum vermehrten Auftreten von Serotyp-B-Infektionen. Rund-
herum erfolgreich war die Kampagne mit dem neuen Imfpstoff jedoch auch nicht, denn es zeigte sich, dass junge Säuglinge, die die Impfdosen mit 2, 3 und 4 Monaten erhalten hatten, nicht länger als ein Jahr geschützt blieben. Bei zwischen 5 und 11 Monaten Geimpften betrug die Effektivität der Vakzine jedoch über 90 Prozent nach vier Jahren. Das Problem der schon bald wieder abnehmenden Immunantwort bei den früh geimpften Säuglingen müsste sich also, in Analogie zur Haemophilus-influenzae-B-Impfung, durch eine vierte Vakzination zur Boosterung im Alter von 13 bis 15 Monaten lösen lassen. q
Quelle: Lancet 2004; 364: 365–367.
H.B.
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