Transkript
FORTBILDUNG q FORMATION CONTINUE
Tadalafil und Vardenafil
Die Neuen bei erektiler Dysfunktion
UROLOGIC NURSING
Sildenafil öffnete die Tür und
legte die Messlatte recht
hoch für die orale Behand-
lung der erektilen Dysfunk-
tion. Zwei weitere Vertreter
derselben Wirkstoffklasse
wollen ebenso gut sein und
zusätzlichen Behandlungs-
nutzen bieten.
Tadalafil (Cialis®) und Vardenafil (Levitra®) werden ebenso wie Sildenafil (Viagra®) als potente und hochselektive Hemmer der Phosphodiesterase Typ 5 (PDE5) eingestuft. Die Inhibition der PDE5 wirkt dem Abbau von zyklischem Guanosinmonophosphat (cGMP) im Penisgewebe entgegen und führt so zur Erschlaffung der glatten Muskelzellen im Corpus cavernosum, was den Bluteinstrom und die Erektion fördert. Dazu ist auch bei den neuen Vetretern sexuelle Stimulation notwendig.
Indikationen, klinische Studien Tadalafil und Vardenafil sind bei erektiler Dysfunktion verschiedenster Ursache indiziert. Beide Wirkstoffe waren in allgemeinen Studien an Patienten mit erektiler Dysfunktion (ED) effektiv, aber auch in besonderen Situationen wie bei Diabetes mellitus oder Zustand nach (nervenscho-
nender) radikaler Prostatektomie. Das Alter der Männer in den klinischen Studien variierte zwischen 20 und 80 Jahren, das mittlere Alter lag um 55 Jahre. Bisher, bedauert Kaye K. Gaines, die Autorin dieser gedrängten Übersicht, wurden keine Studien publiziert, die Tadalafil oder Vardenafil direkt mit dem bisherigen «Standard» Sildenafil verglichen hätten. Die meisten Untersuchungen stellten einen Vergleich zu Plazebo her, und viele hatten ein Nichtansprechen auf Sildenafil als Ausschlusskriterium. Immerhin stellten Carson et al. letzten Herbst an einer Tagung der nordamerikanischen Gesellschaft für Sexualmedizin die Ergebnisse einer doppelblinden Multizenterstudie an 463 Männern vor, die nicht auf Sildenafil angesprochen hatten. Über die vierwöchige Studiendauer zeigten diese Patienten unter Vardenafil im Vergleich zu Plazebo eine statistische und klinische Verbesserung gegenüber den Ausgangswerten.
Dosierung und Einnahme
Tadalafil (Cialis®) wird als Filmtablette in den Dosierungen 10 mg und 20 mg angeboten. Die Einnahme per os sollte 30 Minuten bis 1 Stunde vor sexueller Aktivität erfolgen (idealerweise ist das optimale Zeitfenster individuell zu ermitteln). Die Wirkung tritt gegenüber Sildenafil nicht schneller ein, hält aber 24 bis 36 Stunden an, was Vorteile bieten kann. Innerhalb von 24 Stunden sollte nicht mehr als eine Tablette eingenommen werden. Es gibt auch Studien zur fortgesetzten, täglichen Einnahme in schwierigen Fällen. Vardenafil (Levitra®) ist als Filmtablette à 5 mg, 10 mg und 20 mg erhältlich. Die empfohlene Anfangsdosierung beträgt 10 mg und sollte etwa 0,5 bis 1 Stunde vor geplanter sexueller Aktivität einge-
Merk-
punkte
q Zurzeit sind drei Phosphodiesterase-Typ-5-Hemmer zur oralen Therapie der erektilen Dysfunktion unterschiedlicher Genese im Handel: Sildenafil (Viagra®), Tadalafil (Cialis®) und Vardenafil (Levitra®).
q Tadalafil hat eine besonders lange Wirkdauer («WeekendPille»).
q Vardenafil soll einen besonders raschen Wirkungseintritt haben («mehr Spontaneität»).
q Intervall bis zum Wirkungseintritt, Ausmass des Effekts, Wirkdauer und Verträglichkeit sind individuell zu ermitteln, gegebenenfalls auch durch einen Präparatwechsel.
q Die Kontraindikationen und Vorsichtsmassnahmen gelten für alle Phosphodiesterase-Typ-5Hemmer gleichermassen.
nommen werden. Die Wirkung kann schon innerhalb von 15 bis 30 Minuten eintreten, was der Spontaneität sexueller Aktivitäten förderlich sein kann, und hält, ähnlich wie diejenige von Sildenafil, ungefähr 4 bis 5 Stunden an. Die maximale Einnahmefrequenz ist einmal täglich. Beide Präparate, so Kaye K. Gaines, sind gut verträglich und können sowohl mit als auch ohne Nahrung eingenommen wer-
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Tadalafil und Vardenafil
den; allerdings können fettreiche Mahlzeiten die Zeit bis zum Wirkungseintritt verlängern. Bei nur leichter Einschränkung der Nieren- oder Leberfunktion ist keine Dosisanpassung notwendig. Die Dosierung sollte jedoch nach unten angepasst werden bei ausgeprägterer Leberfunktionseinschränkung und bei gleichzeitiger Einnahme von potenten CYP3A4Hemmern wie Ketoconazol (z.B. Nizoral®), Itraconazol (Sporanox®) oder Ritonavir (Norvir®, in Kaletra®), Indinavir (Crixivan®) oder Erythromycin (die Schweizer Kompendiumtexte nennen die Antimykotika und Proteasehemmer für Vardenafil als Kontraindikation bzw. mahnen bei Tadalafil zur Vorsicht). Vardenafil wird weit gehend über die Leber metabolisiert (primär durch CYP3A4/5, in geringerem Mass durch CYP2C9). Die Eliminations-Halbwertszeit beträgt 4 bis 5 Stunden, die Ausscheidung erfolgt zu über 90 Prozent über den Stuhl. Tadalafil wird nach oraler Einnahme rasch absorbiert und ebenfalls primär durch CYP3A4 metabolisiert. Die mittlere Eliminations-Halbwertszeit beträgt 17,5 Stunden. Etwa zwei Drittel werden über den Stuhl, ein Drittel über den Urin ausgeschieden.
Kontraindikationen
Wegen der Gefahr ausgeprägter Hypotonien dürfen weder Tadalafil noch Vardenafil zusammen mit Nitraten oder NO-Donatoren eingenommen werden. Dies gilt auch für «Freizeit-Nitrate» («Poppers»), worauf Patienten aufmerksam gemacht werden müssen. Ebenso ist eine gleichzeitige Medikation mit Alphablockern zur Blutdrucksenkung eine Kontraindikation. Weiter gelten als Gegenanzeige für alle PDE5-Inhibitoren: schwere kardiovaskuläre Leiden wie kurz zurückliegender (< 6 Mt.) Myokardinfarkt oder
Die neuen PDE5-Inhibitoren auf einen Blick
Darreichungsform
Übliche Anfangsdosis Anfangsdosis bei älteren
Patienten (> 65 J.), bei mässiger Leberinsuffizienz, bei schwerer Niereninsuffizienz Wirkungseintritt
Wirkungsdauer
Tadalafil (Cialis®) Filmtabletten zu 10 mg und 20 mg 10 mg 10 mg
30–60 Minuten (manchmal länger) 24–36 Stunden
Vardenafil (Levitra®) Filmtabletten zu 5 mg, 10 mg und 20 mg 10 mg 5 mg
30–60 Minuten (manchmal kürzer) 4–5 Stunden
Hirnschlag, unkontrollierte Hypertonie, ausgeprägte Hypotonie, instabile Angina pectoris, schwere Herzinsuffizienz sowie auch Retinitis pigmentosa, schwere Nieren- oder Leberfunktionseinschränkungen, ausserdem gewisse hämatologische Leiden wie Leukämie, multiples Myelom und Sichelzellanämie wegen der erhöhten Priapismusneigung. Alle PDE5-Inhibitoren können die QTc-Zeit verlängern, weshalb die Kombination mit Antiarrhythmika der Klassen IA und III zu vermeiden ist.
Nebenwirkungen
Häufige Nebenwirkungen sind Kopfschmerz, Gesichtsrötung (Flush), Dyspepsie, Übelkeit, verstopfte Nase oder Nasenlaufen. Ferner kommen Veränderungen der visuellen Wahrnehmung vor, insbesondere Blau-Grün-Sehen und Lichtempfindlichkeit; diese scheinen unter Tadalafil seltener als unter Sildenafil oder Vardenafil.
herrscht, nun treten Konkurrenten auf
den Plan. Vardenafil nimmt für sich einen
schnelleren Wirkungseintritt, weniger Ne-
benwirkungen und eine bessere Gesamt-
wirksamkeit bei gewissen Männern in An-
spruch. Tadalafil tritt mit ähnlichen
Aussagen an und beansprucht dank der
langen Wirkdauer den zusätzlichen Vor-
teil der «Weekend-Pille». Daneben beste-
hen als weitere Optionen immer noch
sublinguales Apomorphin (Uprima®) und
Alprostadil (Caverject®, Muse®) – eine or-
dentliche Therapiepalette, rechtzeitig für
die Babyboomer-Generation, die in die
kritischen Jahre kommt.
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Kaye K. Gaines (Urology Nurse Practitioner, Bay Pines VA Medical Center, Bay Pines/USA): Tadalafil (Cialis®) and Vardenafil (Levitra®) recently approved drugs for erectile dysfunction. Urol Nurs 2004: 24 (1): 46–48. Der Beitrag ist im Internet abrufbar unter: www.medscape.com/viewarticle/471785 (Zugriff am 1.6.2004).
Schlussfolgerungen
Sildenafil hat den Markt bei der oralen Therapie der erektilen Dysfunktion be-
Halid Bas
Interessenlage: Die Autorin deklariert in der Originalpublikation keine Interessenkonflikte.
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