Transkript
FORTBILDUNG q FORMATION CONTINUE
Seborrhoische Dermatitis
Einige kurze Therapiehinweise
UNIVERSITY OF ALABAMA CME
Mal nur Schuppen, mal deut-
lich mehr: Die seborrhoische
Dermatitis sollte nach dem
Schweregrad behandelt
werden.
Die seborrhoische Dermatitis ist charakterisiert durch erythematöse, ekzematöse Hautflecken mit gelblichen, fettigen Schuppen. Es handelt sich um ein häufiges Leiden, das Areale mit einer hohen Konzentration von Talgdrüsen befällt und etwa 3 bis 5 Prozent der Bevölkerung (besonders Männer) betrifft. Besonders leiden darunter Adoleszente und junge Erwachsene; auch nach dem 50. Altersjahr nimmt die Inzidenz wieder zu. In einem Fortbildungsmodul bezeichnete Boni E. Elewski, Dermatologin an der Universität Alabama, USA, die seborrhoische Dermatitis als ein Krankheitsspektrum, das von Schuppen auf der einen bis zur schweren Seborrhö auf der anderen Seite reicht.
Ursache unbekannt
Schuppen kommen nur an der behaarten Kopfhaut vor, tritt eine ähnliche Schuppung zusammen mit erythematösen, entzündlichen Veränderungen in und um die Nasolabialfalten, Augenbrauen, Brust, Axilla oder andere Areale auf, spricht man von seborrhoischer Dermatitis. Die Ursache der seborrhoischen Dermatitis ist nicht bekannt. Die Assoziation mit emotionalem Stress, Depression und neu-
rologischen Erkrankungen (z.B. M. Parkinson und Epilepsie) deutet aber auf einen zentralnervösen Einfluss hin. Eine sehr ausgedehnte, therapieresistente Seborrhö kann auch unabhängig von Viral Load oder CD4-Zahl auf eine Infektion mit dem Humanen Immundefizienzvirus (HIV) hinweisen. Eine seborrhoische Dermatitis kann zusammen mit einem Grundleiden auftreten, aber auch Aspekt anderer dermatologischer Affektionen wie Rosazea, Pityriasis versicolor oder Acne vulgaris sein.
Talg und Pilz
Einige Studien scheinen darauf hinzudeuten, dass die seborrhoische Dermatitis mit einem exzessiven Wachstum von Hefepilzen, zum Beispiel Pityrosporum ovale, einhergeht. Dies wird auch durch den Behandlungserfolg von Antimykotika gestützt. Für Elewski ist klar, dass Talg und Pityrosporum sich beeinflussende Faktoren sind – wie die Beziehung zu deuten ist, bleibt aber noch umstritten. So sehen manche Forscher Pityrosporum als Seborrhö-Ursache an, andere glauben eher an eine fehlgeleitete Immunreaktion auf den Erreger, die zur Entzündung mit Hyperproliferation von Hautzellen und Schuppung führt und Juckreiz, Irritation und Erythem hervorruft. Wiederum eine andere Theorie betrachtet Pityrosporum nicht als Ursache, sondern als reine Folge der Erkrankung. Talg ist ein Wachstumsfaktor für diesen Hefepilz, wird er im Übermass produziert, tritt der Erreger gleichzeitig massiert auf. Pityrosporum kann nicht als allein verantwortliche Ursache der seborrhoischen Dermatitis betrachtet werden, spielt aber wahrscheinlich die Rolle eines aggravierenden Faktors, so die Spezialistin für kutane Pilzerkrankungen.
Merk-
punkte
q Pityrosporum kann nicht als allein verantwortliche Ursache der seborrhoischen Dermatitis betrachtet werden, spielt aber wahrscheinlich die Rolle eines aggravierenden Faktors.
q Die Behandlung der seborrhoischen Dermatitis verfolgt zwei Ziele: zuerst den Pilzbefall bekämpfen und dann die Produktion von Talg reduzieren, der dem Hefepilz als Nahrung dient.
q Bei schwererer seborrhoischer Dermatitis können topische Steroide und Antimykotika – vorzugsweise alternierend appliziert – nützlich sein.
Behandlungsansätze
Eine Behandlung, die zur Heilung führt, steht für die seborrhoische Dermatitis nicht zur Verfügung. Die Therapie richtet sich daher auf das Symptommanagment und die Kontrolle der Häufigkeit der Eruptionen. Dazu werden frei erhältliche Schuppenshampoos, Steroid-Präparate und Antimykotika sowie auch Therapien mit anekdotischer Evidenz, beipielsweise Teebaumöl, eingesetzt. Die Behandlung der seborrhoischen Dermatitis verfolgt zwei Ziele: zuerst den Pilzbefall bekämpfen und dann die Produktion von Talg reduzieren, der dem Hefepilz als Nahrung dient. First-line-Therapeutika
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Seborrhoische Dermatitis
bei leichter seborrhoischer Dermatitis sind frei erhältliche Shampoos mit Salicylsäure, Zinkpyrithion, Ketoconazol, Kohleteer oder Seleniumsulfid. Für resistentere Fälle können therapeutische Shampoos verschrieben werden (Tabelle). Ihren Patienten gibt Elewski folgendes Motto mit: «Ihr Haar ist gesund, Ihre Kopfhaut ist krank.» Sie empfiehlt einen Wechsel zwischen Steroid-Shampoo und antimykotischem Shampoo an alternierenden Tagen. Diese Shampoos benötigen jedoch immer ausreichend Kontaktzeit. Die Patienten sollen das Shampoo für fünf Minuten einwirken lassen. Eine andere Möglichkeit ist, das Haar damit jeweils zweimal hintereinander zu waschen. Topische Steroide und Antimykotika können bei mittelschwerer seborrhoischer Dermatitis nützlich sein. Wichtig ist, topische Steroide nicht chronisch einzusetzen, da sie sonst eine signifikante Hautatrophie und Teleangiektasien hervorrufen können. Antimykotika mögen nicht ganz so effektiv sein wie Steroide, können aber über eine lange Zeit gefahrlos eingesetzt werden. Auch Tacrolimus ist für die Langzeittherapie sicher und effektiv. Systemische Therapien wie Ultraviolett-A und -B sind bei schwerer zu behandelnden Fällen angezeigt. Die Anwendung von Shampoos ist das Kernstück der Therapie der seborrhoischen Dermatitis. Frauen können dagegen Widerstände entwickeln, da sie um ihre Dauerwelle bangen. Ihnen muss allenfalls zu einem kürzeren Haarschnitt,
Tabelle: Je nach Schweregrad – stufenweises Vorgehen bei seborrhoischer Dermatitis
vor dem Arztbesuch q frei erhältliche Schuppenshampoos
leichte Dermatitis q zusätzlich Shampoos auf Rezept (z.B. Fluocinolonacetonid [Synalar®], Ketoconazol
[Ketozol®, Nizoral®, Terzolin®], Seleniumsulfid [Selsun®, Ektoselen®])
mittelschwere Dermatitis q zusätzlich für kurze Zeit (< 2 Wochen) topische Kortikosteroide, topische Antimyko-
tika, Tacrolimus (Protopic®)
schwere Dermatitis q zusätzlich UV-A und UV-B; Rasur der behaarten Kopfhaut; experimentelle Thera-
pien (z.B. Teebaumöl, Lithium, PUVA, Isotretinoin [Isotretinoin-Mepha®, Liderma®, Roaccutan®, Tretinac®])
Erhaltungstherapie q Ketoconazol-Creme oder Fluocinolonacetonid
der häufiges Waschen besser verträgt, geraten werden. Bei Männern löst eine radikale Kopfhautrasur («Yul Brynner», «Michael Jordan») das Problem der seborrhoischen Dermatitis fast immer. Den Patienten ist in jedem Fall mit auf den Weg zu geben, dass nur häufiges Shampoonieren die seborrhoische Dermatitis in Schach hält und die Störung bei seltenerem Haarewaschen wieder zurückkommt. Gleichzeitig ist die Erklärung hilfreich, dass Schuppen und Hautentzündung nicht durch mangelnde Hygiene verursacht werden, dass kein permanenter Haarverlust droht und dass das Leiden
nicht durch Haarbürsten und Ähnliches übertragbar ist.
Quelle: www-cme.erep.uab.edu/onlineCourses/ uab_ insight/summer02/seborrheic_derma titis/ID0092.htm (Zugriff am 19.4.2004).
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Halid Bas
Interessenlage: Das Fortbildungsmodul wurde gesponsert von der University of Alabama School of Medicine, Division of Continuing Medical Education.
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