Transkript
EDITORIAL q ÉDITORIAL
D ie direkte Demokratie ist die Fortsetzung der parlamentarischen Arbeit mit anderen Mitteln, und sie führt – nicht immer, aber immer öfter – zu Verwundeten unter den Parlamentariern. Sie wollten es allen Recht machen, sich selbst, den wirtschaftlichen Interessen, die sie vertreten, und ihrer jeweiligen Ideologie, die ja nur das Beste für alle will. Was uns dann aber als Resultat in Form eines «Kompromisses», einer «umfassenden Regelung», einer «notwendigen Revision» oder schlicht als «Paket» angeboten wird, findet an der Abstimmungsurne umso zahlreichere Geg-
Was könnte die Ärzteschaft von den «AvantiBschiss – Nein!»-Leuten lernen? Sich auf die eigenen Stärken zu besinnen und diese ins Zentrum der Argumentation zu rücken.
Avanti KVG!
ner, je mehr Disparates in eine Vorlage gepackt wurde. Vielleicht war es eben doch gut, der geplanten KVG-Revision angeblich «praecox» den Kampf anzusagen und ihr mit diesem Akt erfolgreicher Sekundärprävention das Schicksal des unglücklichen Avanti-Gegenvorschlags zu ersparen. Wer Netzwerke und Lockerung des Kontrahierungszwangs zur Einschränkung der freien Arztwahl und Kurierfreiheit, Spitalfinanzierungsmodelle und die Gewichtsverlagerung von der Ärzteschaft zu Kassen und Kantonen mit generösen Spardeklarationen zusammen verpacken will, findet in der soeben misslungenen Verbindung von Aufweichung des Alpenschutzes, Autobahnausbau, Agglomerationsverkehrsförderung und grosszügigem Geldausgeben – hoffentlich – einen gesunden Denkanstoss.
Was den einen die glückliche Gemse vor hehrer Bergkulisse, könnte den andern die freie Wahl der Ärzte ihres Vertrauens sein. Und wo die einen durchaus bereit sind, für den Agglomerationsverkehr, der vielen wichtig ist, viel Geld einzusetzen, dürften dieselben bereit sein, auch für die Gesundheitsversorgung erstaunlich hohe Ausgaben zu akzeptieren, solange sie selbst und nicht nur einige andere im Ernstfall davon profitieren. Dann müsste es – «nur noch» – darum gehen, dass der Wilhelm Tell seinen Finger wieder von der Stirn nimmt, weil er sich überzeugt hat, dass ihm die Ärzte nicht nur aus Eigennutz an den Geldbeutel wollen, sondern ihm in fairer Weise das bieten wollen, was er braucht und was ihm kein Politiker bieten kann.
Halid Bas
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