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Kongressnotizen
Roboter-Zystektomie kein neuer Standard
Die Roboter-assistierte radikale Zystektomie (RARC) kann bei der Therapie des invasiven Blasenkarzinoms nicht als neuer Standard angesehen werden, betonten Experten in urologischer Onkologie während einer Plenarsitzung über Blasenkrebs in Madrid. «Unsere Erwartungen an die RARC wurden bisher nicht erfüllt», erklärte Prof. Dr. Urs Studer, Bern. Der Grund liege darin, dass nicht das Instrument, sondern der Chirurg den Unterschied ausmache. Laut Studer sagen die Erfahrung des Operateurs und die Häufigkeit des Eingriffs in einem Spital ein gutes Ergebnis sowohl bei der offenen als auch bei der Roboter-assis-
tierten radikalen Zystektomie voraus. Die Experten waren sich darüber einig, dass der wesentliche Faktor, das onkologische Ergebnis, bei beiden operativen Möglichkeiten ähnlich ausfällt. Eindeutige Vorteile der RARC seien der geringere Blutverlust und demzufolge weniger Transfusionen, Nachteile die lange Operationszeit und die hohen Kosten. Wie die von Tomas Jerlström, Örebro, Schweden, präsentierte Analyse von 1010 Blasenkrebspatienten im populationsbasierten, schwedischen Zystektomieregister zeigte, wurde eine offene Operation bei 82 Prozent und beim Rest eine Roboter-assistierte Lapa-
roskopie vorgenommen; zwischen 2011 und
2013 erhöhte sich die Rate des letzteren Ein-
griffs von 6 Prozent 2011 auf 28 Prozent
2013. Bluttransfusionen erhielten 44 Prozent
der Patienten perioperativ, 50 Prozent bei der
offenen Operation und 14 Prozent bei der Ro-
boter-assistierten Laparoskopie. 47 Prozent
der Patienten hatten mindestens eine Kom-
plikation, 21 Prozent schwere und 26 Prozent
leichtere. Diesbezüglich bestand zwischen
den beiden Operationsmethoden kein signifi-
kanter Unterschied.
RH
Quelle: Plenary Session 1 «Controversies in surgical oncology in bladder and kidney» u. Poster Nr. 542 von Jerlström T et al. First national populationbased register of complications after radical cystectomy – results from the Swedish cystectomy registry. EAU-Jahreskongress, 20. bis 24. März 2015 in Madrid.
Nykturie bremst Lebensqualität
E ine Nykturie ≥ 2-mal pro Nacht gilt als belastend und schränkt die Lebensqualität der Betroffenen ein. In der Post-hoc-Analyse einer randomisierten Studie wurde deshalb untersucht, ob bei Betroffenen, die an einer derart ausgeprägten Nykturie leiden, eine Verringerung auf unter 2 Miktionen ein relevantes Therapieziel ist. Wie Tove Holm Larsen, Kopenhagen, und Mitarbeiter berichteten, wurde die Effektivität von oralem Desmopressin gegenüber Plazebo bei 332 Männern und 220 Frauen mit Nykturie (≥ 2 pro Nacht) geprüft. Zum Studienende verzeichneten die meisten Pa-
tienten in der Verumgruppe unter 2 Miktionen pro Nacht. Alle Unterschiede in der Lebensqualität, der Schlafqualität und den Tagesaktivitäten erwiesen sich zwischen den Patienten mit einer sie nicht belastenden Nykturie gegenüber einer belastenden Symptomatik als statistisch hoch signifikant. Die Autoren schliessen, dass eine Verringerung der Nykturie unter 2 Miktionen pro Nacht ein relevantes Behandlungsziel ist, da es die Lebensqualität signifikant verbessert. Ob eine hohe Salzzufuhr Einfluss auf die nächtliche Miktionsfrequenz hat, untersuchte eine japanische Studie mit 186 Patienten mit
gut kontrollierter Hypertonie. Sie wurden in zwei Gruppen mit hoher und niedriger Salzaufnahme eingeteilt, berichteten Tomohiro Matsuo und Mitarbeiter aus Nagasaki/Japan. Die geschätzte Salzmenge betrug 11,2 g gegenüber 7,1 g. In den Gruppen unterschied sich die nächtliche Miktionsfrequenz signifikant, wohingegen tagsüber keine signifikanten Unterschiede bestanden. Die hohe Salzzufuhr führte zu einer erhöhten nächtlichen Miktionsfrequenz (1,9 ±1,2-mal) gegenüber der niedrigen Salzzufuhr (1,5 ±1,4-mal). Auch in dieser Studie war die Nykturie mit einer schlechteren Lebensqualität verbunden. RH
Quelle: Poster-Session 22 «Management of LUTS and nocturia», Poster Nr. 273 von Matsuo T et al. und Nr. 273 von Holm-Larsen T et al. beim EAU-Jahreskongress, 20. bis 24. März 2015 in Madrid.
Vaginaltape bei Stressinkontinenz: «Exzellente» Ergebnisse
Noch zehn Jahre nach der operativen Einlage von spannungsfreien Vaginaltapes wegen einer Stressinkontinenz sind die Ergebnisse «exzellent», berichteten Dr. Ingrid Schauer und Mitarbeiter in einem Poster. Dies ergab eine Analyse von 139 operierten Frauen in der Langzeitbeobachtung. Zirka 95 Prozent der Studienteilnehmerinnen berichteten über eine Heilung der Stressinkontinenz zehn Jahre nach der Operation. Wie die Analyse weiter zeigte, waren Vorhersageparameter für ein unbefriedigendes langfristiges Therapieergebnis eine ge-
mischte Harninkontinenz und eine Drang-
symptomatik vor der Operation sowie die
Entwicklung von Symptomen einer überakti-
ven Blase nach dem Eingriff. Innerhalb der
Nachbeobachtungszeit von zehn Jahren
wurde in 8,6 Prozent der Fälle eine chirurgi-
sche Reintervention notwendig.
RH
Quellen: Poster Nr. 65 von Schauer I et al. 10 years follow-up after tension-free vaginal tapes for the treatment of female stress urinary incontinence: High rate of cure yet a re-occurrence of OAB-symptoms. EAU-Jahreskongress, 20. bis 24. März 2015 in Madrid.
UTI und sexuelle Dysfunktion bei Frauen
Junge Frauen leiden häufig unter einer unkom-
plizierten rezidivierenden Harnwegsinfektion
(rUTI), verursacht durch den Escherichia coli.
Luca Boeri, Mailand und Mitarbeiter untersuch-
ten, inwieweit bei diesen Frauen die sexuelle
Funktion mit betroffen ist. Dazu füllten 90 Pa-
tientinnen den Female Sexual Function Index
(FSFI) und die Female Sexual Distress Scale
(FSDS) aus. Pathologische Scores wurden bei
71 (78,9%, FSFI) beziehungsweise bei 68
(75,6%, FSDS) ermittelt. Bei 56 (62,2%) Stu-
dienteilnehmerinnen war gemäss den Scores
eine sexuelle Dysfunktion vorhanden. Demnach
scheint diese Störung bei jungen, sexuell akti-
ven Frauen mit rezidivierenden Harnwegsinfek-
tionen häufig zu sein.
RH
Quelle: Poster Nr. 137 von Boeri L et al. EAU-Jahreskongress, 20. bis 24. März 2015 in Madrid.
16 Urologie • Juni 2015