Transkript
EDITORIAL: «Primary Therapy of Early Breast Cancer»
14th St. Gallen International Breast Cancer Conference, Wien, März 2015
DDie jeweils «optimale» Behandlung des neu, heute in vielen Teilen der Welt immer früher entdeckten Mammakarzinoms unterliegt einem Wandel. Angesichts der Vielfalt der klinischen Probleme und der Innovationskapazität der Pharmaforschung wird dieser Prozess noch lange andauern. So hat die kürzlich durchgeführte 14. St. Gallen International Breast Cancer Conference – wegen logistischer Probleme erstmals in Wien stattfindend – wieder eine ganze Reihe offener oder auch umstrittener therapeutischer Fragestellungen durch die internationale Konsensfindung zu klären versucht. Wie meistens wurden in diesem Erfahrungsaustausch auch neue (datenmässige) Schwachstellen aufgedeckt, welche durch neue klinische Studien zu klären bleiben.
Konsensfindung 2015
bei frühem Mammakarzinom
Die wichtigsten Themen kompakt in dieser Ausgabe Die vorliegende SZO-Ausgabe kann aus Platzgründen nur eine begrenzte Auswahl der diskutierten Konferenz-Highlights hervorheben. Der volle Wortlaut des St. Gallen Breast Cancer Therapy Consensus 2015 wird bereits im Frühjahr 2015, zumindest elektronisch, in «Annals of Oncology», die Mehrzahl der Manuskripte der Konferenzreferate im Spätsommer 2015 in einer Sondernummer des Journals «The Breast» publiziert. Im brustchirurgischen Bereich geht die Tendenz (im Interesse der Patientinnen) weiter in Richtung weniger invasiver Operationsverfahren. Michael Gnant aus der Wiener Chirurgischen Klinik, Konferenz-Co-Chair und Leiter der Austrian Breast Cancer Study Group, hat diese Tendenzen in seinem konzisen Beitrag gut verständlich zusammengefasst. Einen besonders wichtigen Teil nahmen in den diesjährigen Konsensusabstimmungen – aufgrund neuer Studiendaten – radioonkologische Fragestellungen ein. So wurden im Therapiekonsensus 2015 deutlich kürzer dauernde, «hyperfraktionierte» Bestrahlungsverfahren nach brusterhaltender Operation als gleichwertig (zu traditionellen Verfahren) zugelassen, was in vielen Teilen der Welt die bisherigen bestrahlungstechnischen Engpässe überwinden helfen dürfte. Ruth Gräter aus dem neuen Radioonkologie-Zentrum Rüti im Zürcher Oberland und Rudolf Morant vom benachbarten Tumorzentrum ZeTuP Rapperswil-Jona fassen diese indikatorischen Neuerungen in der adjuvanten Bestrahlung für die breitere Leserschaft dieser Zeitschrift zusammen.
Zudem wurde wieder ausführlich über die Optimierung der adjuvanten systemischen Therapie und über die sich mehrenden Gensignaturen mit prognostischem respektive prädiktivem Anspruch diskutiert und dazu im abschliessenden Konsensuspanel votiert. Dabei stützte sich das Panel auf neue Studiendaten, insbesondere bei der Untergruppe der HER2-positiven Patientinnen. Rudolf Morant und Daniel Koychev fassten diese Neuerungen in ihrem Beitrag zusammen. Zum ersten Mal fand im Rahmen der Konferenz auch eine Session zur medikamentösen Brustkrebsprävention statt. Agnes Glaus und der Verfasser dieses Editorials von der Stiftung SONK (St. Gallen Oncology Conferences), zusammen mit Vertretern der ISCaP (International Society of Cancer Prevention), stellen in ihrem Kurzbeitrag den gegenwärtigen, hoffnungsvollen Stand der klinischen Forschung auf diesem Gebiet dar. Leider bestehen bei der medikamentösen Brustkrebsprävention weltweit noch grosse – subjektiv zum Teil verständliche, epidemiologisch indessen eher bedauerliche – Widerstände aufseiten der Direktbetroffenen, aber auch bei Teilen der Ärzteschaft. Da bleibt angesichts der sich abzeichnenden enormen Zunahme von Brustkrebs auf globaler Ebene noch viel Überzeugungssarbeit zu leisten.
Prof. Hans-Jörg Senn Wissenschaftlicher Leiter Tumor- und Brust-Zentrum ZeTuP St. Gallen hansjoerg.senn@zetup.ch
30 SCHWEIZER ZEITSCHRIFT FÜR ONKOLOGIE 2/2015