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POLITFORUM
Xundheit in Bärn
INTERPELLATION vom 18.3.2015
Medikamente: Änderungen am Preisfestsetzungssystem dringend nötig
Roland Eberle Ständerat SVP Kanton Thurgau
Die geplante fünfte Anpassung am Preisfestsetzungssystem für Medikamente zeigt deutlich auf, dass einerseits das bestehende System nicht mehr tauglich ist und andererseits der Situation von in der Schweiz vorwiegend für den Schweizer Markt produzierenden Unternehmen nicht Rechnung trägt. In seiner Beantwortung im Nationalrat schreibt der Bundesrat, er habe von den Positionen der Pharma-KMU im Rahmen der Anhörung zur Verordnungsänderung Kenntnis genommen. Ausserdem würde den Anliegen der PharmaKMU im bundesrätlichen Masterplan «Massnahmen des Bundes zur Stärkung der biomedizinischen Forschung und Technologie» Rechnung getragen.
Deshalb bitte ich den Bundesrat, folgende Fragen zu beantworten: 1. Wie hat er im Rahmen der nun
anstehenden erneuten Verordnungsänderung die Situation der zahlreichen, in der Schweiz für den Schweizer Markt produzierenden Pharma-KMU berücksichtigt respektive welche Punkte aus den Eingaben von Pharma-KMU im Rahmen der Anhörung zur Verordnungsänderung hat er berücksichtigt? 2. Welche konkreten Massnahmen sind denkbar, um eine faire Preisbildung für Unternehmen zu gewährleisten, die in der Schweiz mit vollständig in der Schweiz anfallenden Gestehungskosten produzieren und für die ein Preisvergleich mit Produktionen im Ausland verfehlt ist? 3. Welche konkreten Massnahmen sieht er, um die Schliessung respektive die Abwanderung ins Ausland von kleineren und mittleren Pharmaunternehmen und
den damit verbundenen Verlust an Arbeitsplätzen zu verhindern? 4. Inwieweit befasst sich der bundesrätliche Masterplan «Massnahmen des Bundes zur Stärkung der biomedizinischen Forschung und Technologie» mit den Anliegen der Pharma-KMU in der Schweiz, und in welcher Form haben Inhalte daraus Eingang in die geplante Anpassung des Preisfestsetzungssystems gefunden? 5. Ist er bereit, die Einführung eines neuen, wettbewerblich orientierten Preisbildungssystems für rezeptpflichtige Medikamente zu prüfen, das – mit wenigen staatlichen Rahmenbedingungen – auf dem Grundsatz der freien Preisbildung beruht?
Begründung Das bestehende System der Preisfestsetzung für Medikamente trägt der Tatsache nicht Rechnung, dass es in unserem Land neben grossen internationalen Pharma-
konzernen zahlreiche PharmaKMU gibt, die in der Schweiz zu Schweizer Gestehungskosten vor allem für den Schweizer Markt produzieren. Hier ist ein linearer Auslandspreisvergleich unstatthaft, weil er völlig unterschiedliche Gestehungskosten miteinander vergleicht. Ausserdem werden Medikamente, die im Ausland teilweise nicht rezeptpflichtig sind und / oder völlig anderen Preisbildungsmechanismen unterstehen, mit in der Schweiz hergestellten Produkten verglichen. Hier sind Differenzierungen im Preisbildungssystem unerlässlich. Die Loslösung des Preisbildungssystems für rezeptpflichtige Medikamente von staatlicher Kontrolle ist im Lichte der Mängel des bestehenden Systems unbedingt zu überprüfen. Entsprechende Vorschläge liegen vor. Ausserdem hat sich die freie Preisbildung bei nicht rezeptpflichtigen Medikamenten (OTC) bewährt.
FRAGE vom 20.3.2015
Welche Folgen wird Tarpsy für die Behandlung von psychischen Erkrankungen haben?
Marina Carobbio Guscetti Nationalrätin SP Kanton Tessin
Momentan wird die Einführung von Teilpauschalen im Bereich der Psychiatrie, analog zu SwissDRG, vorbereitet. Mit diesem unter dem Namen Tarpsy bekannten Projekt soll das Tarifsystem für stationäre Leistungen in der Psychiatrie
schweizweit vereinheitlicht werden. So sollen psychiatrische Behandlungen aufgrund der jeweiligen Diagnose und der Schwere des Falls vergütet werden. Nun hängen Diagnosen und Behandlungen in der Psychiatrie in starkem Umfang von der persönlichen Situation der Patientin oder des Patienten und von der Krankheitsentwicklung ab. Es ist daher schwierig, aufgrund der Diagnose vorauszusagen, wie hoch die tatsächlichen Kosten für die notwen-
digen Behandlungen sein werden, insbesondere auch, weil es kaum möglich ist, zu Beginn des Spitalaufenthalts dessen Dauer vorherzusehen. Der Sinn einer Einführung von Fallpauschalen in der Psychiatrie, die denjenigen der SwissDRG ähneln, mag daher fragwürdig erscheinen. Vor diesem Hintergrund stelle ich dem Bundesrat folgende Fragen: 1. Wo stehen die Arbeiten zur Vor-
bereitung von Tarpsy?
2. Welche Finanzierungsmodelle sind vorgesehen?
3. Inwieweit wird Tarpsy den Besonderheiten von psychiatrischen Behandlungen Rechnung tragen?
4. Wie sollen die negativen Auswirkungen dieses Systems vermieden werden, zum Beispiel die Entlassung von Patientinnen und Patienten nach Hause, wenn die in der Pauschale vorgesehene Dauer überschritten ist.
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Xundheit in Bärn
INTERPELLATION vom 19.3.2015
Zweifel an Wirksamkeit und Opportunität der Massnahmen nach Artikel 19-20 KVG
Alex Kuprecht Nationalrat SVP Kanton Schwyz
Nicht wenige Experten und Stakeholder im Gesundheitswesen bezweifeln eine angemessene Wirksamkeit beziehungsweise Effizienz der Präventionsmassnahmen von Gesundheitsförderung Schweiz und damit einen kostendämpfenden Effekt auf die Sozialversicherungen, insbesondere auf die obligatorische Krankenversicherung. Im Gegensatz zur Prävention von Unfällen und Berufserkrankungen ist jene von «Zivilisationserkrankungen» auch
in Bevölkerung und Wirtschaft sehr umstritten: Während die Aufklärung über gefährliche, ansteckende Krankheiten naturgemäss anerkannt ist (Aids-Kampagne der 80er-Jahre) und eine gute Wirkung erzielt, muss hinterfragt werden, inwieweit eine Zwangsabgabe mit der Krankenkassenprämie dafür herhalten soll, Normvorstellungen gewisser Damen und Herren bezüglich Körpergewicht, Alkohol- und Tabakkonsum etc. zu beeinflussen zu versuchen. Offenbar hat der Stiftungsrat von Gesundheitsförderung Schweiz bereits mit dem EDI Kontakt zwecks Erhöhung der «Präventionsabgabe» nach Artikel 20 KVG aufgenommen, und das EDI will dem Vernehmen nach über den Antrag
befinden, sobald die Strategiedokumente und Umsetzungsvorschläge zur «Strategie Prävention nichtübertragbarer Krankheiten» und zum «Dialogprojekt Psychische Gesundheit» vorliegen.
Der Bundesrat wird gebeten, zu folgenden Fragen Stellung zu beziehen: 1. Verfügt er über gänzlich unab-
hängige Erkenntnisse darüber, dass die prämienfinanzierten Massnahmen von Gesundheitsförderung Schweiz ausreichend wirksam sind und sich dämpfend auf die Entwicklung der Kosten der sozialen Krankenversicherung auswirken? Wenn ja, wie lauten diese Erkenntnisse?
2. Ist das zuständige Departement bereit, eine unabhängige Studie zu veranlassen, welche Auskunft gibt über die Effektivität und Effizienz der Massnahmen, die nach Artikel 20 KVG finanziert werden?
3. Ist das zuständige Departement im Grundsatz gewillt, einer Erhöhung der Abgabe zuzustimmen, sobald die Dokumente und Umsetzungsvorschläge zur «Strategie Prävention nichtübertragbarer Krankheiten» und «Dialogprojekt Psychische Gesundheit» vorliegen? Wenn ja: Wie will das EDI seine Zustimmung zur Erhöhung zu Lasten der Prämienzahler rechtfertigen?
INTERPELLATION vom 20.3.2015
Viszeralchirurgie: Gefährliche Roboter
Jean-François Steiert Nationalrat SP Kanton Freiburg
Laut einer Untersuchung des Westschweizer Fernsehens hat die amerikanische FDA in den vergangenen 10 Jahren über 200 Todesfälle verzeichnet, die auf den Einsatz von Da-Vinci-Robotern in der Viszeralchirurgie zurückzuführen sind. Die FDA soll das Herstellerunternehmen, Intuitive Surgical, mit formellem Sitz in Aubonne mehrfach verwarnt haben. Im Rahmen von Sammelklagen gingen in den USA über 3000 Kla-
gen ein. Die Swissmedic verweigert die Information über ähnliche Fälle in der Schweiz. Angesichts der Anzahl ähnlicher Roboter, die in der Schweiz eingesetzt werden, und der Zweifel, den verschiedene Verantwortliche aus Schweizer Spitälern hegen, bitte ich den Bundesrat um Antwort auf folgende Fragen: 1. Hat er Kenntnis von ähnlichen
Fällen in der Schweiz? 2. Warum verweigert die Swiss-
medic trotz Transparenzregeln und Auskunftsrecht jegliche Information zu diesem Thema? 3. Welche Massnahmen zur Schaffung von Transparenz würde der Bundesrat ergreifen, wenn die zuständigen Behörden in der
DaVinci Robotic System Rikshospitalet Oslo 2007 von Keeve – eigenes Werk. Lizenziert unter CC-BY-SA 4.0 über Wikimedia Commons
Schweiz solche Fälle nicht ausschliessen können oder von solchen Fällen Kenntnis haben? 4. Will er, damit in der Schweiz ähnliche Fälle vermieden werden können, Massnahmen tref-
fen, indem er, wenn nötig, Regeln zum Einsatz solcher Roboter oder zur Ausbildung von deren Nutzerinnen und Nutzern aufstellt? Welche Massnahmen will er treffen?
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POSTULAT vom 20.3.2015
Selbst- und Körperbild von Jugendlichen. Lancierung von Programmen
Yvonne Feri Nationalrätin SP Kanton Aargau
Ich bitte den Bundesrat zu prüfen und Bericht zu erstatten, wie Jugendliche in ihrem Selbst- und Körperbild sowie der Intervention (Beratungsangebote, auch niederschwellig) bestärkt werden können.
Begründung Spitalbehandlungen aufgrund von Magersucht nahmen in den letzten drei Jahren um 30 Prozent zu. Dabei sind vermehrt auch sehr junge Patientinnen betroffen. Jugendliche werden zusehends über die Sozialen Medien unter Druck gesetzt – so weit, dass das gestörte Verhältnis zum eigenen Körper nicht mehr als krank gilt, sondern vermehrt als Lifestyle. Eine repräsentative Umfrage der Jugendorganisation Pro Juventute bestätigt den Druck nach einem
perfekten Körperbild, der durch die sozialen Medien verstärkt werden kann. Die Organisation macht daher heute anlässlich der aktuellen Meldungen aus der Spitalpflege darauf aufmerksam, dass Jugendliche dringend Aufklärung brauchen. Für Pro Juventute zeigen die Erfahrungen aus der Spitalpflege, dass die Aufklärung und die Bestärkung von Jugendlichen in ihrem Selbst- und Körperbild eine der zentralen Aufgaben in der Prävention und der Gesundheitsvor-
sorge sein müssen. Während früher eine typische Magersuchtspatientin 15 Jahre alt war, sind heute teilweise bereits 9-jährige Mädchen davon betroffen, also bereits Mädchen in der Vorpubertät. Insgesamt wurden schweizweit 2013 30 Prozent mehr Personen in den Spitälern wegen Magersucht behandelt als noch 2010. Druck auf das Aussehen und die eigene Wahrnehmung werde dabei zusehends auch über die sozialen Medien und das Internet verbreitet.
INTERPELLATION vom 18.3.2015
Weniger Schweizer Bürokratie und mehr Pragmatismus bei der Zulassung von Medikamenten
Daniela Schneeberger
Nationalrätin FDP Kanton Basel Landschaft
Es ist bekannt, dass die Zulassung von Medikamenten aufwändig ist. Die europäische und internationale Systematik ist sehr gut und mit der Schweizer Systematik in weiten Teilen harmonisiert – deshalb sieht das Heilmittelgesetz vor, dass Medikamente aus sicheren Ländern ohne grossen Aufwand in die Schweiz gelangen können. Die Vorteile liegen auf der Hand: tiefere Kosten bei gleicher Qualität und weniger Bürokratie. Dieses Prinzip ist anerkannt und legitimiert.
Aber: in den Antworten auf die Fragen Schneeberger und Cassis war der Bundesrat teilweise widersprüchlich und inkonsistent. Es besteht Klärungs- und evtuell Handlungsbedarf in folgenden Bereichen: 1. Ist das Prinzip der Akzeptanz
ausländischer Zulassungssysteme im Gesetz genügend verankert? Bislang bin ich davon ausgegangen, die Antwort des Bundesrates sagt nun aber das Gegenteil. 2. Besteht ein zu grosser gesetzlicher Interpretationsspielraum? Wie können Schlupflöcher so geschlossen werden, dass keine «unnötige Helvetisierung» geschieht? Wäre es nützlich, dass man im HMG die ausländischen Zulassungssysteme nicht nur berücksichtigt, sondern «ver-
bindlich berücksichtigt» im Sinn einer Verstärkung? 3. Das Heilmittelgesetz ist in Revision, eine solche Ergänzung ist daher schwierig zu realisieren. Wie könnte der Bundesrat das Problem dennoch lösen, ohne auf eine nächste Revision zu warten, die erst in Jahren möglich wird? Könnte der Bundesrat in den Wortprotokollen seine Intention so festhalten, dass es nicht einmal eine Anpassung des Gesetzestextes braucht, sondern die Auslegung der «Berücksichtigung ausländischer Zulassungssysteme» deutlich wird? 4. In der Antwort des Bundesrates ist die Rede von einer Steigerung von 30 Prozent – eine solche hohe Steigerungsrate ist ein Hinweis auf eine sehr tiefe Be-
willigungsquote. Um diese Problematik besser aufzuzeigen, könnte man statistisch erfassen und jährlich publizieren, wie viele Medikamente aus dem Ausland zur Zulassung mit ausländischen Gutachten abgelehnt werden, im Verhältnis zu den zugelassenen Medikamenten mit ausländischen Gutachten. In einer vernünftigen Welt wäre es wohl so, dass zum Beispiel Medikamente mit ausländischem Gutachten aus Europa und den USA zu fast 100 Prozent in der Schweiz zugelassen werden. Bislang sind diese Zahlen über Anträge und Zulassungen unter Verschluss und es ist zu vermuten, dass es viel zu viele unbegründete Ablehnungen gibt.
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