Transkript
BERICHT
Hypertonie: Frühe Behandlung beeinflusst Risiko
Zielwerte rasch erreichen und Blutdruck bald nachkontrollieren
Eine retrospektive Kohortenstudie hat versucht, die Fragen zum idealen Zeitpunkt einer Intensivierung der medikamentösen Blutdrucksenkung bei nicht befriedigenden systolischen Werten sowie zum Intervall der Nachkontrolle des Behandlungsresultats zu klären.
BMJ
Die Evidenz für eine Verbesserung der Organrisiken bei leichter Hypertonie (Stadium 1, systolischer Blutdruck [BD]: 140–159 mmHg) durch medikamentöse Therapie ist beschränkt (ARS MEDICI 7/15, S. 388 f.). Entsprechend geben verschiedene Guidelines unterschiedliche Empfehlungen. Dies betrifft auch das optimale Zeitintervall zwischen Messung eines erhöhten Blutdrucks und dem Beginn einer medikamentösen Senkung sowie bis zur Inten-
MERKSÄTZE
O Erfolgt eine Anpassung der medikamentösen Blutdrucksenkung erst bei systolischen Werten über 150 mmHg, ist das Risiko für später auftretende kardiovaskuläre Ereignisse oder Tod erhöht.
O Verzögerungen der Therapieintensivierung nach systolischer Blutdruckerhöhung von mehr als 1,4 Monaten sowie Wartezeiten von mehr als 2,7 Monaten für die Blutdruckkontrolle nach Intensivierung der medikamentösen Therapie sind mit einem höheren Risiko assoziiert.
O Die Ergebnisse sprechen dafür, Verzögerungen bei der Behandlung und Nachkontrolle von Patienten mit Hypertonie zu vermeiden.
sivierung der Therapie anhand des systolischen Blutdruckwerts (systolische Intensivierung) durch Dosissteigerung oder Hinzufügen eines weiteren Medikaments und bis zur Nachkontrolle dieser Therapieanpassung.
Methodik
Die retrospektive Kohortenstudie stützt sich auf die Datenbank des Health Improvement Network, die für die Patienten in britischen Allgemeinpraxen repräsentativ ist. Erfasst wurden die Behandlungs- sowie Morbiditäts- und Mortalitätsdaten von 88 756 erwachsenen Patienten mit Hypertoniediagnose zwischen 1986 und 2010. Hauptsächliche Verlaufsparameter waren die Raten akuter kardiovaskulärer Fälle sowie Todesfälle aller Ursachen mit unterschiedlichen Hypertoniebehandlungsstrategien. Diese waren definiert durch die systolische Intensivierungsschwelle, die Zeit bis zur Therapieintensivierung und die Zeit bis zum Follow-up über einen Zeitraum von 10 Jahren. Die Ereignis- und Mortalitätsraten wurden für eine lange Reihe von Begleitumständen (u.a. Alter, Geschlecht, Rauchen, sozioökonomische Benachteiligung, Diabetes, bekannte kardiovaskuläre und renale Begleiterkrankung, Ausgangs-BD) adjustiert.
Resultate
Über einen medianen Beobachtungszeitraum von 37,4 Monaten nach The-
rapiebeginn hatten 9985 (11,3%) der Teilnehmer ein akutes kardiovaskuläres Ereignis erlitten oder waren verstorben. Für systolische Intensivierungsschwellen zwischen 130 und 150 mmHg waren keine Verlaufsunterschiede zu erkennen. Hingegen waren systolische Intensivierungsschwellen über 150 mmHg mit einem zunehmend höheren Risiko assoziiert (Hazard Ratio [HR]: 1,21, 95%-Konfidenzintervall [KI]: 1,13– 1,30, p < 0,001, für systolische Intensivierungsschwelle 160 mmHg). Das Komplikationsrisiko stieg progressiv mit der Dauer bis zur Intensivierung der medikamentösen Therapie (HR: 1,12, 95%-KI: 1,05–1,20, p = 0,009, für Intensivierung zwischen 1,4 und 4,7 Monaten nach Diagnose eines erhöhten BD). Das längste Intervall bis zur Nachkontrolle (> 2,7 Monate) war auch mit einem erhöhten Komplikationsrisiko assoziiert (HR: 1,18, 95%KI: 1,11–1,25, p < 0,001). Diskussion In dieser grossen retrospektiven Studie waren Verzögerungen bei Beginn und Intensivierung einer medikamentösen Blutdrucksenkung mit vermehrten kardiovaskulären Ereignissen und einer höheren Mortalität assoziiert. Insbesondere gingen eine Intensivierungsschwelle über systolisch 150 mmHg sowie eine Verzögerung von mehr als 1,4 Monaten bis zur Intensivierung der Behandlung nach Überschreiten der Intensivierungsschwelle mit häufigeren akuten kardiovaskulären Ereignissen oder Todesfällen einher. Nach jeder Therapieintensivierung führte eine Unterlassung der Kontrollblutdruckmessung innerhalb von 2,7 Monaten zu einem höheren Risiko für den zusammengesetzten Endpunkt. In dieser Studie waren somit die Zeit bis zur Intensivierung der medikamentösen Blut- 418 ARS MEDICI 8 I 2015 BERICHT drucksenkung und das Intervall bis zur Nachkontrolle unabhängige Prädiktoren für das Risiko der kardiovaskulären Morbidität und Mortalität. In der untersuchten Population erhielten die meisten Patienten die mit dem geringsten Risiko assoziierte Nachkontrolle innert 2,7 Monaten nach Therapieintensivierung. Demgegenüber wurde bei den meisten Patienten eine Thera- pieintensivierung nicht innert 1,4 Monaten vorgenommen. Ob Interventionen zur Verkürzung dieses Intervalls zu besseren Verläufen führen, müsste Gegenstand weiterer Forschung sein. Bei Patienten mit Hypertonie und geregeltem Arztkontakt in der Grundversorgung dürften ein rasches Erreichen der Zielblutdruckwerte und regelmässige Kontrollen wichtige Faktoren zur Minimierung des Risikos für kardiovaskuläre Folgeerkrankungen sein. O Halid Bas Wenxin X et al.: Optimal systolic blood pressure target, time to intensification, and time to follow-up in treatment of hypertension: population based retrospective cohort study. BMJ 2015; 350: h158. Interessenkonflikte: Die Autoren deklarieren, keine zu haben. Dies zu lesloenhnt sich ... für PäDdieiaFteorrtubnildduAnllggsezmeietisncährrzitfte 2/2015 24. April gOefmfizeiiOenrlslgecahsnaMeftiotftfüfeiricluiKenilndgddesueolr’rGe-gnrauofnnaudnpdteeJmreutgSeecdnnhetdwSlg’euayiidznsoesälrekeiossdclceohegeGninyteenA(éG(rGcYboYeNlNioEtEgsAAi-)e) Reisen mit Kindern Reiseimpfungen Medikamente im Koffer Was schützt vor Auto- und Kinetose? Flugreisen Mit Kindern ins Hochgebirge SpezifischebeImi Pmoullnenthaellrearpgiiee AauucshdeeimneRPousebnlifkluathioVnerlag www.rosenfluh.ch Hs.tioermkaösni@nernosSeniefleuinh.Achbonnement oder ein Einzelheft bestellen: 420 ARS MEDICI 8 I 2015